Elbtalschule / Elbtal

Was macht eigentlich...?

Oliver Teufer

Dieser Beitrag ist abgelaufen: 23. Oktober 2013 00:00

Als Ellar noch Stadt war

Oliver Teufer sprach über die Geschichte der Elbtal-Dörfer

„Von Mönchen, Rittern und Walpoden - die Geschichte der vier Elbtal-Dörfer im Mittelalter“ - der Historiker Oliver Teufer sprach auf Einladung der CDU Elbtal im Dorchheimer Dorfgemeinschaftshaus über die Vergangenheit der Gemeinde.

Wer hatte eigentlich im Mittelalter im Westerwald das Sagen? Einen Einblick in die Geschichte der Elbtaldörfer lieferte der Historiker Oliver Teufer bei einem Vortrag in Dorchheim. Weder „blühende Städte“ noch Bodenschätze hätten damals den Ruf der Region ausgemacht, betonte Teufer. Aber die beiden Nord-Süd-Fernwege, die das Gebiet durchkreuzten, seien wichtig gewesen.

Die eine ist die östlich von Ellar verlaufende „Hohe Straße“, die über Limburg, Steinbach, Fussingen und Siegen nach Köln führte. Und auch wenn sie im Hochmittelalter zunehmend an Bedeutung verlor, so blieb sie doch eine wichtige Verkehrsverbindung zwischen dem Limburger Becken und dem Siegerland. Die andere Route war die „Alte Landstraße“ durch den Forstwald. Sie führte von Limburg aus über die „Lange Mail“, das „Heidenhäuschen“ sowie die „Gadelheimer“ Mühle bis ins Rheinland.

Die engräumige Westerwälder Gebirgslandschaft förderte außerdem die Errichtung vieler kleiner Herrschaften. Diese verhinderten, dass sich langfristig ein großer Landesherr, wie zum Beispiel der Trierer Erzbischof, durchsetzen konnten. Es waren dann auch die örtlichen Adelsfamilien, die für die ersten Nennungen der Elbtal-Dörfer in den Urkunden sorgten. Als Erstes tauchte Heuchelheim in den Quellen auf, als es im Jahr 772 als Teil einer Schenkung an das Kloster Lorsch genannt wird. Knapp 400 Jahre später, im Jahr 1138, wurden die Ritter Siegfried, Gebehard und Friedrich von Waldmannshausen erwähnt, als sie eine Schenkung an das Kloster St. Goar bezeugten. 1215 folgte die Ersterwähnung Dorchheims. Diesmal war es Ruker von Dorchheim, der den Verkauf der Mühle in Hadamar an das Kloster Eberbach bezeugte. 1231 wurde Mühlbach in einer Schenkungsurkunde des Grafen Heinrich von Nassau an den Deutschen Orden erwähnt. Hangenmeilingen wiederum tauchte erstmals 1333 in den Quellen auf. Damals verpfändeten nämlich die Brüder Meffrid, Friedrich und Dietrich von Brambach den ihnen gehörenden Zehnten zu „Hangendemeylingen“ an den Ritter Godebrecht Vole.

Maßgeblich für die Entwicklung und Kolonisierung der Region waren allerdings nicht weltliche, sondern geistliche Institutionen. Die Grundlagen wurden durch die Christianisierung des Frankenreiches mit der Taufe von König Chlodwig im Jahre 507 geschaffen. Unter anderem mit der Unterstützung irischer Missionare setzte sich das Christentum schließlich durch. Obwohl die Verhältnisse vor Ort für manchen Missionar offenbar sehr ernüchternd waren. So wurde beklagt, dass mancher Pfarrer sowohl christliche als auch heidnische Rituale vollzog, um für beide bezahlt zu werden.

Um die Ausbildung der Priester zu verbessern und auch die Verwaltung zu erleichtern, wurden Missionszentren, wie zum Beispiel in Dietkirchen, aufgebaut. Auch wegen seiner zentralen Lage wurde der Ort zum Sitz des einzigen rechtsrheinischen Archidiakonats des Erzbistums Trier. Größte Bedeutung für die Geschichte Elbtals hatte dann der 1098 gegründete Zisterzienserorden und dabei insbesondere das Kloster Marienstatt. Adelsfamilien vermachten ihm nämlich zahlreiche Besitztümer in der Region. Dazu gehörte unter anderem ein Klosterhof in Dorchheim. Dort entstand schließlich eine auch für erfahrene Kirchenhistoriker einzigartige Situation: Denn die Dorchheimer Kapelle gehörte als Teil des Archidiakonats Dietkirchen zum Erzbistum Trier. Das Patronat, also die Schirmherrschaft, übernahmen hingegen die Marienstätter Mönche. Sie unterstanden jedoch dem Erzbischof von Köln. Und als Filialkirche von St. Blasius gehörte die Kapelle schließlich dem Deutschen Orden, welcher dem Erzbischof von Mainz unterstellt war. Ständige Kompetenzstreitigkeiten waren die Folge.

Aber auch den Ortsadel, wie die Walpoden von Waldmannshausen, erwähnte Teufer in seinem Vortrag. Bei dem Wort Walpoden denke der Zuhörer vielleicht erst an Wald, möglicherweise an einen Förster. Das führe aber in die Irre. Wenn man vorne aber ein „Ge“ einfüge, stoße man auf den Begriff des „Gewaltbotens“. Walpoden waren also Amtsträger, die im Auftrag eines Landesherren für Rechtspflege, Friedenswahrung, Domänenverwaltung und sowie Steuererhebungen zuständig waren. Walpoden waren finanziell oft so gut gestellt, dass sie auch über eigene Lehnsmänner verfügten.

Im Spätmittelalter entstanden dann verschiedene Landesherrschaften, begleitet von gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Landesherren und Vasallen. Auch die Elbtaldörfer und ihre Umgebung waren davon betroffen. So wurde zum Beispiel Ellar 1374 durch Truppen der Stadt Limburg zerstört. Nur zwei Jahre vorher, 1372, hatte Ellar die Stadtrechte erhalten. Diese hatte Kaiser Karl IV. den Ellarer Landesherrn, den Grafen von Katzenelnbogen, für ihre treuen Dienste gewährt. Durch die Stadtgründung wollten diese vom wachsenden Handel und entsprechenden Zolleinnahmen profitieren. Offenbar erlaubten die Grafen es ihren Burgmännern, Limburger Händler zu überfallen. Als Reaktion zerstörten die Limburger große Teile der Stadt. Ein Schlag, von dem sich Ellar nicht mehr erholen sollte.

(Johannes König)

NNP-Artikel vom 23.09.2013, 04:00 Uhr (letzte Änderung 23.09.2013, 03:51 Uhr)

| 23.9.2013